Geschichte

Unser Stadttheater


Das Stadttheater Langenthal wurde 1916 am 17. Dezember eröffnet und figuriert heute im kantonalen Inventar schützenswerter Bauten. Die letzten grösseren baulichen Massnahmen wurden 1955 vorgenommen. Nach der Grundsanierung und der innenräumlichen Erweiterung zeigt sich heute das Stadttheater in alt-neuem Glanz. Hier die Geschichte dieses für die Stadt und Region höchst bemerkenswerte Bauwerk:

Eine Geschichte in 10 Bildern

 

1. Theater im Dorf vor 1916


Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich in Langenthal auf dem Hintergrund des sogenannten 'Kulturprotestantismus' besondere kulturelle Aktivitäten. Bereits um 1810 wurde Theater gespielt und 1841 schrieb Sekundarlehrer Johann Baptist Bandlin (1801-1871) Theaterstücke, die er im Dorf aufführen liess. Ab 1850 führten Langenthalerinnen und Langenthaler unter der Leitung des Männerchors auf der Bühne der Alten Markthalle bedeutende Opern auf (Freischütz, Zar und Zimmermann, Die Regimentstochter, Die Glocken von Corneville, etc.)
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2. Wie kam es zum Bau des Stadttheaters Langenthal?


Der Zürcher Stadtbaumeister Arnold Geiser (1844-1909) hatte während seiner Schulzeit in Langenthal die obengenannten Aufführungen miterlebt und wurde später ein begeisterter Sänger in einem Zürcher Männerchor. Geiser blieb ledig und vermachte seiner Heimatgemeinde Langenthal 100'000 Franken, einen Teil seines Vermögens. Er bestimmte, dass mit seinem Geld ein Konzert- und Theatersaal gebaut werden solle und zwar innert fünf Jahren nach seinem Tod. Als Geiser 1909 starb erfolgte in Langenthal eine eingehende Diskussion über den Standort des Baus und über die Wahl der Architekten. Als schliesslich die Gemeinde am heutigen Standort eine Liegenschaft erwerben konnte und als nach einem Wettbewerb die ausführenden Architekten gefunden waren, konnte 1914 mit dem Bau begonnen werden.

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Der Standort des späteren Stadttheaters, Blick von der Aarwangenstrasse











3. Der Bau und die Eröffnung vom 17.Dezember 1916

Das Architekturbüro Keiser und Bracher aus Zug erhielt den Auftrag, den Bau zu planen und mit dem einheimischen Gewerbe zu realisieren. Bereits 1909 hatten die Zuger Architekten das Theater Casino Zug erbaut. In Langenthal entstand der Bau während des ersten Weltkrieges und das war ein Glücksfall. Da praktisch alle Arbeiten an einheimische Gewerbebetriebe und Unternehmen vergabt wurden, führte dies in der Krisenzeit zu einer niedrigen Arbeitslosigkeit. Entscheidend bei der Realisierung des Baus war auch die Unterstützung durch die lokalen Gesangsvereine, vor allem durch den Männerchor. Dieser veranstaltete eine Geldsammlung. Deren Ertrag führte dazu, dass die Gemeinde selber an die Gesamtkosten von 370'000 Franken nur 84'000 Franken beisteuern musste. Auf die Initiative der Gesangsvereine hin wurde im Theater der Übungssaal eingebaut, der ab 1919 auch als Sitz des lokalen Parlaments diente.

Die feierliche Eröffnung am 17. Dezember 1916 gestalteten die lokalen Vereine gemeinsam mit dem Winterthurer Stadtorchester. Sie führten das Festspiel von Ludwig an Beethoven (op.113) 'Die Ruinen von Athen' nach der literarischen Vorlage von August von Kotzebue auf. Der Wunsch von Arnold Geiser nach einem bedeutenden Konzert- und Theatersaal im 6000 Einwohner zählenden Dorf ging in Erfüllung.

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Der neue Bau, 1916

4. Die ersten Jahre: Dorfvereine bespielen das neue Theater

Die Langenthaler Vereine prägten die Aufführungen und Konzerte in den ersten beiden Jahrzehnten. Sie gestalteten ihre Jahreskonzerte und umrahmten diese mit Theateraufführungen. Es spielten Laienschauspieler aus ihren Kreisen. An grössere Werke wagten sich die Mitglieder der literarisch-dramatischen Gesellschaft. Für 1937, der Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus in Deutschland, plante die Langenthaler Bildungselite ein ganz besonderes Stück: Schillers Wilhelm Tell. Es wurde zu dem Ereignis in der Region und wurde mehrfach während des ganzen Jahres aufgeführt.

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Spielplan Saison 1925-26

Der Erfolg der Veranstaltungen der Dorfvereine vermochte aber nicht darüber hinweg zu täuschen, dass sich die Bevölkerung in Langenthal auch professionelles Theater wünschte. Der Redaktor des Langenthaler Tagblattes, Dr. Adolf Steiner, regte bereits 1929 im Gemeindeparlament an, die damals für den Betrieb verantwortliche Verkehrskommission solle mit einer auswärtigen Truppe einen Spielvertrag abschliessen. Das führte zur Wahl eines Theaterausschusses, welcher mit dem bestehenden Ensemble des Städtebundtheaters Biel-Solothurn einen Spielvertrag abschloss.

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2017 Original Bühnenbild der komischen Oper von Aimé Maillart: Das Glöckchen des Eremiten

5. Das Städtebundtheater


1935 vereinbarte der Theaterausschuss mit den Verantwortlichen des Städtebundtheaters acht Gastspiele pro Saison. Diese begeisterten die Langenthaler Theaterbesucherinnen und –besucher so sehr, dass bereits 1939 zwölf Gastspiele stattfanden. Das Theater war durchschnittlich zu 70% besetzt. Bereits damals zeigte sich, dass bekannte Stücke besonders beliebt waren. Der Publikumsrenner der Saison 1939-40 waren das Schauspiel 'Gilberte de Courgenay' und die Operette 'Das Land des Lächelns'. Das Theater war so voll, dass zusätzliche Sitzplätze herangeschafft werden mussten. Das Städtebundtheater thematisierte während des zweiten Weltkrieges mit seinen Aufführungen auch aktuelle politische Fragen, etwa im Schauspiel von Werner Guggenheim 'Bomber für Japan' oder in Carl Zuckmayers 'Des Teufels General'.

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1968 Probebild: Carmen

In der Nachkriegszeit erlebten die Vorstellungen des Städtebundtheaters einen regelrechten Boom: So waren in der Saison 1952-53 der Theatersaal bei drei Opern, zwölf Operetten, sieben Schauspielen, drei Märchen und einer Ballettaufführung durchschnittlich zu 87% besetzt. Wegen einem 'Skandal' mit dem damaligen Direktor des Theaters ('widernatürliche Neigungen' – so nannte man noch 1967 die Homosexualität) wurde dieser entlassen und auch die Langenthaler Theaterkommission verzichtete 1971 auf die Erneuerung des Vertrags.

6. Gastspieltheater

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Spielplan 1983-84 Komödie von Peter Turrini: Der tollste Tag

Neben der lokalen Nutzung als Saal für lokale festliche Anlässe (Jungbürgerfeiern, militärische Entlassungsfeiern) und für Konzerte der lokalen Vereine (Harmonie, Musikverein, Militärmusik) gestaltete die Theaterkommission ab 1970 das Programm ausschliesslich mit Gastspielen. Engagiert wurden vorerst Ensembles aus dem Inland. Besonders beliebt war in den 70-Jahren die Luzerner Bühne, die Aargauer Bühne oder das Atelier Theater Bern. In der Saison 1976-77 fanden 22 Schauspiele, Operetten und Musicalaufführungen statt. Besonders erfolgreich waren Stücke mit vom Fernsehen bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern, wie Paul Hubschmid, Eva Renzi oder Curd Jürgens. Man bot 'Wohlschmeckendes für jeden Gast' Dazu gehörten auch Uraufführungen wie das 'Familienfescht' von Lukas Hartmann, welche 1978 im Stadttheater vom Schweizer Fernsehen aufgezeichnet wurde. Die Theaterkommission, welche in dieser Zeit von Alexandre Bussard präsidiert wurde, setzte aber auch mit Erfolg klassische Stücke wie 'Mutter Courage' oder 'Maria Stuart' ins Programm. Nach der Saison 1979-80, welche einen massiven Besucherrückgang brachte (56% Belegung), musste sich der neue Kommissionspräsident Erich Straub kritische Fragen gefallen lassen: Ist nicht eine Professionalisierung des Theaterbetriebs ins Auge zu fassen? Aufgrund eines erneut sich einstellenden Booms Mitte der 80er Jahre wurde die Frage vorerst nichtig. Wieder gelang es, das Theater zu füllen, vor allem mit populären Stücken. 1984 wurde ein Jahr der Rekorde, die meisten Aufführungen waren ausverkauft. Dazu trug auch das Mundartstück 'Tüflisches Chrut' bei, welches wiederholt aufgeführt werden musste und über 700 Zuschauer anzog.

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Rita und Willy Grossenbacher durften bei 22 Vorstellungen in der Saison 1983-84 dieses Schild aufhängen.

7. Das Programm wird international

Nach 70 Jahren verantwortete weiterhin die Theaterkommission das Programm. Seitens der Gemeinde wurde sie unterstützt durch den Polizeichef und später Vorsteher des Amtes für öffentliche Sicherheit. Über 30 Jahre war dies Bernhard Moor und nachfolgend Dr. Hanspeter von Flüe. Mitte der 90er Jahre wurde das Programm zunehmend internationaler mit den Angeboten deutscher und österreichischer Tourneeagenturen. Die Programmgestaltung erhielt damit die bereits 1980 geforderte Professionalität. Aber auch neue Formate wie 'Stars von morgen' oder das über lange Zeit beliebte 'Silvesterkonzert' entstanden in dieser Zeit.

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Saison 2005-06 Komödie von Molière: Tartuffe

8. Das Theater im Aufbruch

2008 wählte der Gemeinderat mit Reto Lang erstmals einen professionellen Theatermann als Theaterleiter. Der gesellschaftliche Wandel hat seine Auswirkungen auch auf das Theaterpublikum. Dieses ist einerseits anspruchsvoller geworden, seine Bedürfnisse vielschichtiger. Und auf der andern Seite bekam das Theater durch die Dominanz der Medienwelt eine starke Konkurrenz. Der Theaterbesuch wurde eine Option unter vielen anderen zur Gestaltung der Freizeit. Zur Betonung des Einmaligen wurde gezielt versucht, qualitativ hochstehende Aufführungen von produzierenden Häusern im In- und Ausland in Langenthal zu zeigen und mit dem Theater überLand eigens für das Stadttheater geschriebene Stücke von Schweizer Autorinnen und Autoren zur Uraufführung zu bringen. Um ein breites Publikum anzusprechen, wurde teils mit neuen Formaten, aber auch mit Kooperationen und Einzelevents lokale und regionale Akteure angesprochen und auf die Bühne gebracht. Was vor hundert Jahren Usus war, wird nun wieder gezielt gepflegt und gefördert – die Breitenkultur; neben der Hochkultur ist sie das zweite Standbein der heutigen Programmierung.

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Theater überLand Uraufführung 2016 Schauspiel von Charles Lewinsky: Die Besetzung

9. Die Renovation Juni 2016 bis Oktober 2017

 

Im Blick auf das 100-jährige Bestehen des Langenthaler Theaters beschloss das Stadtparlament am 20. August 2012 eine Grundsanierung des Stadttheaters, verbunden mit gezielten Erneuerungen, welche unter anderem neue Räume möglich machen sollte. Nach einem Projektwettbewerb wählte der Gemeinderat als Generalplaner das Berner Architekturbüro Aebi&Vincent. Dieses entwickelte den Umsetzungsplan einer vollständigen Sanierung, verbunden mit baulichen Veränderungen im Innern. Diese ermöglichen nun neue Nutzungen des Stadttheaters. Ein zusätzlicher Raum im ehemaligen Kulissenkeller als multifunktionale Bühne konzipiert, dient der zwischenzeitlich sehr beliebten Kleinkunst, schafft Möglichkeiten für innovative Projekte und gibt Vereinen die Gelegenheit für Probeabende. Zusammen mit der neu gestalteten Eingangshalle und dem grosszügigen Foyer werden Möglichkeiten für das Durchführen von Kongressen, Delegiertenversammlungen, Firmenanlässen, etc. geschaffen. Die im Theatersaal vergrösserte Bühne, der mit einer maschinell steuerbaren Podesterie ausgestattete Orchestergraben und die neuen technischen Möglichkeiten, bieten Musikern und Künstlern vorzügliche Bedingungen für ihre Darbietungen.

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Querschnitt durch das neue Stadttheater

10. Das Haus im neuen Glanz

Die 100-Jahr-Feier musste im Dezember 2016 im Freien veranstaltet werden. Das Stadttheater befand sich mitten im Umbau. Dank guter Planung und effizientem Arbeiten kann das Stadttheater Langenthal am 15. Dezember 2017 mit einer schlichten Widmungsfeier der Bevölkerung von Langenthal übergeben werden.

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Stadttheater Langenthal Geburtstag 100-Jahre am 17. Dezember 2016

 

Supplement


Wenn Sie noch mehr über die Geschichte, die vergangenen Spielpläne, über die Geschichte der
Bühnenbilder und das Theater überLand erfahren wollen, schauen Sie sich das Video an, das wir anlässlich unserer Ausstellung "100 Jahre Stadttheater Langenthal" im Museum Langenthal gezeigt haben.